Das Konzept Erfolge feiern ist ein elementarer Bestandteil meiner Verantwortungs-Routine. Hier möchte ich dir das Konzept erläutern und erzählen, welche Hürden zu überwinden sind, um es zu einer wirkungsvollen Praktik werden zu lassen. Und ich möchte Werbung für dieses Konzept machen, denn ich bin davon überzeugt, dass Unternehmen erfolgreicher und Mitarbeitende zufriedener werden könnten, wenn jedes Meeting mit dem Feiern von Erfolgen starten würde.

Was bedeutet Erfolg?

Wenn Menschen an Erfolg denken, dann sieht das oft so aus wie hier rechts: Pokal gewinnen, nach außen sichtbaren Preis verliehen bekommen, Reichtum, alle abhängen und Erste sein nach viel Anstrengung und Einsatz. Von außen sieht das nach großem Glück aus, erscheint „feierwürdig“ und kann Anerkennung und gleichzeitig Neid nach sich ziehen. Ob sich die „Siegerinnen“ wirklich erfolgreich fühlen, ist aber eine ganz andere Frage. Erfolg ist also eine subjektive und somit individuelle Angelegenheit.

Wir machen es uns an dieser Stelle leichter und definieren Erfolg im Sinne des Responsibility Process so:

Ein Erfolg ist eine erfüllte oder entdeckte Absicht.

Heißt: Wenn ich mir etwas vorgenommen habe, mir also eine ABSICHT gesetzt habe, und ich habe das dann auch gemacht, mir also die ABSICHT erfüllt, dann ist das ein Erfolg. Egal, ob ich mich dafür angestrengt habe oder es leicht war, ob es wichtig oder bedeutsam oder selbstverständlich war – das ist ein Erfolg.

Außerdem ist es ein Erfolg, wenn ich eine ABSICHT entdecke. Beispiel: Eine Kollegin erzählt von einer Serie, die sie inspiriert hat, und ich bemerke: In diese Serie will ich auch reinschauen! Ich habe mir also eine neue ABSICHT gesetzt. Warum bezeichnen wir das als Erfolg? Weil zu wissen, was ich will, die Voraussetzung für effektive Selbstführung ist. Wenn ich meine ABSICHT klar benennen kann, ist die Wahrscheinlichkeit der Erfüllung deutlich erhöht. Oft belasten uns Problem nur so lange, bis wir klar haben, was wir wollen. Absichten zu entdecken ist somit eine Erfolgsstrategie. ABSICHT ist der erste Schlüssel zu Verantwortung, und er heißt passenderweise auch „Erfolgsschlüssel“.

Was bedeutet feiern?

Christopher Avery nennt das Konzept im Englischen Claiming wins. Das war bei der Übersetzung des Buches zum Responsibility Process eine Herausforderung, bei der wir viel diskutiert, entschieden und wieder verworfen haben. Ja, claiming heißt nicht feiern. Aber was Christopher beschreibt und in jedem Call seines Programms mit den Teilnehmenden tut, ist feiern! Nicht mit Fanfare und großer Party. Doch für mich ist es eine Feier zu erleben, wie sich über die Erfolge anderer gefreut, wie ein »Herzlichen Glückwunsch« entgegnet oder per Geste in Zoom oder im Teams-Call geklatscht wird.

Um etwas in diesem Sinne zu feiern, muss ich es anerkennen und feiern wollen. Und da hakt es bei vielen von uns. Ich jedenfalls musste das wirklich üben. Gesellschaftlich sind wir geprägt, auf die Fehler und Defizite zu schauen, statt auf das, was uns gelungen ist, also unsere Erfolge.

Christopher beschreibt das im Buch so: »Wenn wir beginnen, Erfolge zu feiern, halten wir das für unwichtig und lächerlich oder sogar für Prahlerei oder Angeben. Und so
zensieren wir unsere Erfolge.
« Indem wir uns zensieren, machen wir uns kleiner als wir sind. Das können die meisten von uns gut. Deshalb freue ich mich, dass wir uns bei der Übersetzung für feiern entschieden haben – das zieht uns aus Selbstverurteilung und Zweifel in Richtung Leichtigkeit und Fülle.

Feiern kann ich für mich allein, indem ich meinen Erfolg anerkenne, würdige, mich über mich und meine Wirksamkeit freue. Das kann ich als stille Reflexion gedanklich tun oder es aufschreiben. Gemeinsam Erfolge zu feiern ist vielleicht noch wirkungsvoller: Jeder teilt einen persönlichen Erfolg (privat oder beruflich), und die Zuhörer gratulieren dazu mit »Herzlichen Glückwunsch« oder »Das freut mich für dich«. Wichtiger Hinweis: Ich muss den Erfolg eines anderen Menschen inhaltlich nicht toll oder nützlich oder nachahmenswert finden. Ich verbinde mich „nur“ mit der Freude, die die Person am eigenen Erfolg hat. In Gruppe Erfolge zu feiern ist am Anfang ungewohnt, weil es gegen unsere Prägung und Gewohnheit geht. Aus unserer Erfahrung geht diese Phase aber ziemlich schnell vorbei, wenn die Gruppe den Effekt merkt: In unseren Meetings und Besprechungen beschäftigen wir uns ja eh mit Problemen, Fehlern und Defiziten, da ist es nützlich, einen Start zu machen, der vermittelt: „Jeder von uns kann etwas bewirken“.

Meine Erfahrungen aus Moderations-Sicht:

Falls du in deinen Meetings das Erfolge feiern als Auftakt/Check-in ausprobieren willst, hier einige meiner Erfahrungen zum Starten:

  • Die Definition von Erfolg („erfüllte oder entdeckte Absicht“) aufhängen, in den Chat schreiben und/oder oft wiederholen. Es dauert bis Menschen die Einfachheit und die Wertungsfreiheit darin wirklich verstehen. Gerade, wenn Wortmeldungen von jedem eh nicht der normale Ablauf des Meetings ist, kannst du auch jeden persönlich ansprechen mit der Frage „Welchen Erfolg möchtest du mit uns teilen?“
  • Was ich oft vergesse, was aber nützlich ist: Auch den feiern-Teil erklären, d.h. auf das Teilen des Erfolgs folgt ein »Herzlichen Glückwunsch«, ein High Five oder bei Videokonferenzen eine entsprechende Reaktion wie 👍🏻 oder 🎉 oder Konfetti-Regen. Wenn ich das vergessen habe zu erklären, bin ich meistens die Einzige, die eine Reaktion äußert. Da geht dann ein bisschen Effekt verloren, denn auch das bewusste Mitfreuen bewirkt etwas, mindestens in der Meeting-Atmosphäre.
  • Manchmal starte ich selbst mit einem Erfolg, um Orientierung zu geben. Dafür nehme ich dann eher eine Selbstverständlichkeit wie »Ich wollte euch das Konzept Erfolge feiern vorstellen, und das habe ich gemacht«. Falls niemand reagiert, bitte um Reaktion. Ich weiß, das ist unbequem, aber einmal sauber vormachen hilft!
  • Selbst bei Teams, in denen viel Vertrauen herrscht, fällt es Teammitgliedern zu Beginn oft leichter, von privaten Erfolgen zu berichten (»Am Wochenende wollte ich endlich mal unseren Schuppen aufräumen, und das habe ich gemacht«). Das ist total okay und nicht weniger wert als das Teilen eines beruflichen Erfolgs. Ich habe beobachtet, dass sich das mit der Zeit ganz von allein verschiebt, wenn mehr Verständnis fürs Konzept da ist. Dann werden überwiegend die erfüllten Absichten aus dem Team-Kontext gefeiert.
  • Wenn jemand in der Runde sagt »Mir fällt kein Erfolg ein«, dann gibt es einen „Default“-Erfolg, den ich als Moderatorin für den Teilnehmenden ausspreche und genauso gratuliere wie sonst auch: »Du wolltest an diesem Meeting teilnehmen, und du bist hier. Das ist ein Erfolg. Herzlichen Glückwunsch!«. Und ja: Nicht immer ist es wirklich ein „wollen“, manchmal sind Teammitglieder auch im mentalen Zustand VERPFLICHTUNG und „müssen“ teilnehmen. An der Stelle bin ich aber zugunsten des Konzepts großzügig. Und außerdem: Wie wertvoll wäre es, wenn dadurch die Verpflichtung bemerkt oder sogar eine Diskussion angestoßen wird, wie verpflichtend das Meeting eigentlich ist!?
  • Wenn jemand »Ich habe nur einen kleinen Erfolg« sagt, dann adressiere ich dieses Missverständnis sofort: »Erfolge haben keine Größe. Ein Erfolg ist eine erfüllte Absicht. Keine Wertung nötig.«

Warum und wie wirkt das Konzept?

Das ist nämlich das coole an dieser Erfolgsdefinition: Sie führt dazu, dass man viel öfter Erfolge feiern kann \o/. Wir neigen dazu, Erfolge als klein oder groß zu kategorisieren oder direkt wegzuwischen, wenn sie uns selbstverständlich erscheinen. Das kann man sein lassen, da unser Gehirn den Unterschied eh nicht merkt. Alles, was nur passiert, weil ich es will, ist ein Erfolg! »Ich habe mich heute Morgen geduscht und angezogen« Eine Selbstverständlichkeit? Keine Leistung? Mag sein – ohne meine ABSICHT, wäre es aber nicht passiert!

Das Erkennen von Erfolgen macht uns unsere Selbstwirksamkeit bewusster. Und es inspiriert unseren Geist, sodass wir immer mehr Freude daran haben, unseren Absichtsmuskel zu trainieren.

Es gibt einige Voraussetzungen, um das Konzept wirkungsvoll einsetzen zu können. Wie bereits erwähnt, braucht es den Willen zum Anerkennen des Erfolges. Einem Teil in mir macht Erfolg durchaus Angst, daher hilft es mir, mich immer mal wieder an meinen grundsätzlichen Willen erfolgreich zu sein, zu erinnern. Zwischendurch geht mir auch mal mein Selbstvertrauen flöten. Dann ist es schwer, Erfolge zu feiern, weil ich ja eh nicht daran glaube, erfolgreich sein zu können.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass ich meine Erfolge überhaupt erkenne und aufspüre. Ich brauchen also den zweiten Schlüssel zu Verantwortung AUFMERKSAMKEIT, um in meinem Alltag ABSICHTEN zu entdecken bzw. zu bemerken, wenn ich sie mir erfüllt habe. Nur so sammle ich die Beweise für meine Selbstwirksamkeit und werde dadurch klarer, stärker und freier im Handeln.

Dankbarkeit statt Stolz adressieren

Unter den Teilnehmenden an unserem Intensivkurs Responsibility (in dem selbstverständlich in jedem Call Erfolge gefeiert werden) gibt es immer mal wieder Menschen, die sich besonders schwer tun mit dem Feiern von Erfolgen. Es beschämt sie geradezu, sie empfinden das – wie Christopher beschrieben hat – als Angeberei oder als ungerechtfertigt. Dahinter liegen spannende Glaubenssätze, auf die wir dann im Laufe des Kurses manchmal auch zu sprechen kommen, aber erstmal finde ich es wichtig, das nicht zu verurteilen, sondern lieber eine Hilfestellung zu bieten. Einigen fällt leichter etwas ein, wenn die Frage lautet: »Wofür bist du dankbar?«. Die Antwort könnte dann lauten: »Für meine freundliche Nachbarin, die heute das schwere Paket für mich angenommen hat«. Für mich ist das nah genug dran an einem Erfolg laut unserer Definition, denn: Hinter der Dankbarkeit steckt der Wunsch (eine Form der ABSICHT) nach einer freundlichen Nachbarin, die auch mal ein schweres Paket annimmt. Also herzlichen Glückwunsch!

Eine Frage, die auch gern mal stattdessen gestellt wird, ist: »Worauf bist du stolz?« Sie kann viel von der beschriebenen Wirkung haben und ist für manche Menschen „anschlussfähiger“ als die Frage nach Erfolg. Mir gefällt sie trotzdem nicht, denn in Stolz als Gefühl stecken Aspekte von Prahlerei, Anmaßung, Voreingenommenheit, Überlegenheit – so bekommt es eine wertende Komponente. Und Bewertungen in Form von gut/schlecht, richtig/falsch, sollte/sollte nicht stehen dem Schritt zum mentalen Zustand VERANTWORTUNG entgegen. Dankbarkeit kommt mit weniger Wertung daher, sie spricht eher Gefühle von Akzeptanz, Fülle, Zugehörigkeit und Freude an, die vor allem langfristig effektiver sind, um freier, stärker und wirkungsvoller durchs Leben zu gehen (siehe Blogpost: Der direkte Weg zum mentalen Zustand Verantwortung).

Wie mache ich das zu einer Routine?

Routinen (frz. routine steht für Wegerfahrung) entstehen durch viele Wiederholungen. Wir putzen alle ohne nachzudenken unsere Zähne, aber das geht nur, weil wir es so oft wiederholt haben. Am Anfang war das ein bewusster Vorgang, eher mechanisch als automatisch. Und so habe ich mit dem Erfolge feiern angefangen. Zunächst noch eher punktuell als Teilnehmerin an moderierten Runden (in den Calls von Christopher Averys Mastery-Programm), dann gelegentlich im Austausch mit Henning am Frühstückstisch oder auch mal zwischendurch, wenn es uns aufgefallen ist. Als Meeting-Moderatorin oder Team-Kollegin habe ich das als Check-in-Frage in unsere Austausche und Abstimmungen eingebracht. Und seit ich ein Responsibility Journal führe, schreibe ich nahezu jeden Tag fünf bis acht Erfolge auf. Ich habe also in den letzten sieben Jahren im Durchschnitt vermutlich täglich mindestens eine Absicht entdeckt oder sie mir erfüllt. Das ergibt 2.555 Erfolge, die ich mir bewusst gemacht habe – es gab mit Sicherheit mehr, die ich hätte feiern können. Es ist mir also inzwischen sehr vertraut, diese Erfolge wahrzunehmen und anzuerkennen. Selbstverständlich habe ich auch Tage, an denen ich denke »Nö, heute gibt’s da nichts zu feiern. Ich fühle mich alles andere als absichtsvoll und erfolgreich.« Doch das ist immer seltener der Fall, und ich messe dem weniger Bedeutung bei als früher, weil mein Geist, meine Wahrnehmung, meine Glaubenssätze und meine Haltung grundsätzlich auf ABSICHT, Wachstum und Erfolg ausgerichtet sind.

Wenn du die ABSICHT hast, dir eine Routine im Erfolge feiern anzueignen, dann gehe vor, wie es dir entspricht und mache es dir leicht. Reflektiere, welche Routine du dir zuletzt angeeignet hast und wie du das gemacht hast. Schreibst du gern? Starte ein Journal. Bist du eher Sprechdenker? Berichte deinen liebsten Menschen davon oder starte einen »Erfolgs-Club«, der sich regelmäßig oder unregelmäßig trifft. Bist du ein Struktur-Fan, liebst du Planung und deinen Kalender? Dann nutze das und richte dir Regeltermine oder Erinnerungen ein.

Und wenn du zwischendurch in den mentalen Zustand VERPFLICHTUNG rutschst, heißt das, dass du ein Mensch bist! Alles ist in Ordnung mit dir. Feiere, dass du dich in VERPFLICHTUNG erwischst, verbinde dich erneut mit dem, was dahinter steckt (»Was ist dir möglich, wenn du noch mehr Selbstwirksamkeit spürst?«) und starte neu. Oder lege eine Pause ein. Dann kommt die Lust auf den Erfolg vielleicht von ganz allein wieder, und du feierst die Erfolge, wie sie fallen.

Und natürlich freuen wir uns, wenn du unseren Intensivkurs Responsibility besuchst, um nicht nur routinierter im Erfolge feiern zu werden, sondern um insgesamt deine persönliche Verantwortungs-Routine zu entwickeln und zu verankern.

Welche Erfolge feiere ich gerade?

Damit du eine Idee bekommst, wie ich meine Erfolge so feiere, liste ich hier einige auf, die mir jetzt gerade einfallen:

  • Ich wollte einen Blogpost zum Erfolge feiern schreiben – der ist nun fast fertig. 😃
  • Ich bin dankbar, dass ich den Responsibility Process kennengelernt und so in mein Leben integriert habe, dass ich meinen Erfolgen sehr viel mehr Raum gebe als meinen „Misserfolgen“. 🙌
  • Ich habe gestern Brot gebacken. 🥳
  • Ich will dem Stressgefühl, das mich seit ein paar Tagen begleitet, auf den Grund gehen und/oder es loslassen. 🎉
  • Ich freue mich täglich über unsere Spülmaschine. 😄
  • Ich habe mit Henning Karten gespielt. 👍🏻
  • Ich habe die Absicht, heute im »Mastery«-Call meiner Intuition zu vertrauen und mutig Fragen zu stellen. 🎉
  • Morgen werde ich wieder mein Bewegungsziel erreichen.👟
  • Heute will ich milde mit mir sein, wenn ich das Bewegungsziel nicht schaffe. ❤️
  • Unser Mittagsplan heißt heute McDonalds. 🤩

Welche Erfolge feierst du?

Jetzt bist du dran: Welche Absichten hast du dir erfüllt oder welche willst du dir erfüllen?
Ich freu mich, wenn du ein paar davon mit mir teilen magst, dann feiere ich mit dir. Schreib mir gern.

Viel Erfolg mit deinen Erfolgen!



Führe dich selbst zuerst!

Nadine und Henning Wolf, selbstführen W2 GmbH
Telefon: +49 4152 934 90 85, kontakt@selbstfuehren.de
www.selbstfuehren.de

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