Früher habe ich mich schwer getan mit Typen-Modellen oder Kategorisierungen. Einerseits haben mich Persönlichkeitstests wie DISG (Unterscheidung in die vier Grundtypen Dominanz, Initiative, Stetigkeit und Gewissenhaftigkeit) gereizt, weil ich mehr über mich wissen wollte, andererseits war ich mit dem Ergebnis meistens unzufrieden. Wer will schon dominant sein (und Menschen vor den Kopf stoßen) oder andere mit der eigenen Gewissenhaftigkeit nerven oder langweilen? Mein Widerstand lag vermutlich vor allem darin, dass ich diese Kategorisierung immer als Einladung zum Rechtfertigen verstanden habe: „Ich bin halt ein I-Typ, Fokus ist nichts für mich!“ So bin ich Opfer der Umstände – und das will ich nicht sein.

Inzwischen habe ich einen anderen, deutlich entspannteren Umgang mit diesen Typen-Modellen gefunden und empfinde sie als nützliche Unterstützung, um für sich passende Strategien zu entwickeln. Außerdem führen solche Modelle mir immer wieder vor Augen, wie unterschiedlich wir Menschen sind, und dass dieses Bewusstsein mir beim Interagieren hilft.

Immer wieder wertvoll finde ich die Einteilung in die drei Lern- oder Wahrnehmungstypen visuell, auditiv und kinästhetisch. Niemand ist einer dieser Typen in Reinform, doch es gibt Präferenzen, d. h. ein oder höchstens zwei dieser Wahrnehmungskanäle werden überwiegend benutzt, um Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten. Sich dieser Kanäle bewusst zu sein, kann Orientierung geben, z. B. zur Frage, wie ich am besten lerne oder worauf ich beim Kommunizieren besonders achten möchte oder welche Verantwortungs-Routine zu mir passt, sodass ich sie mit Leichtigkeit und Freude ausübe. Wirkt also ähnlich wie Stärken-Profile.

Visuell

Bin ich ein Mensch, der überwiegend den visuellen Kanal benutzt, also das Sehen, speichere ich Erinnerungen als Bilder ab und benutze diese inneren Bilder auch beim Kommunizieren. Visuelle Typen sind oft schnell im Denken und Reden. Sie verwenden Formulierungen wie „Das sieht gut aus“ oder „Stell dir mal vor…“.

Auditiv

Auditive Typen nehmen ihre Umgebung vor allem über die Ohren, also über das Hörbare wahr: Geräusche, Klänge, gesprochene Worte. Beim Zuhören achte ich genau auf Betonungen, Wortwahl, Sprachmelodie oder Rhythmus. Ich sage typischerweise Sätze wie „Das hört sich für mich an wie…“ oder „Das klingt nach…“.

Kinästhetisch

Für den kinästhetischen Typ stehen die körperlichen Empfindungen und Gefühle im Vordergrund. Ich speichere Erinnerungen danach ab, was ich in der Situation gefühlt oder verspürt habe. Um Situationen wahrzunehmen und zu verarbeiten brauche ich länger als der visuelle Typ. Ich verwende Formulierungen wie „Das fühlt sich gut an…“ oder „Ich begreife das nicht.“

Dass diese drei Typen in unterschiedlichem Tempo unterwegs sind, kann in Gesprächen für spannende Dynamik und Abwärtsspiralen sorgen: Ein visueller Typ beschreibt bildhaft und flott eine Situation und zieht die ersten Schlüsse und fantasiert über Lösungsideen. Sein kinästhetisches Gegenüber ist noch am Spüren und Begreifen der Ausgangslage, bleibt deshalb stumm und passiv, was den visuellen Typ veranlasst, ungeduldig zu werden und noch mehr und noch schneller zu reden, was seinem Gegenüber umso weniger Chance gibt, sich mit den eigenen Empfindungen zu beschäftigen. Das ist aber nötig, um an derselben Stelle im Gespräch anzukommen und wirklich miteinander zu reden. Hier kommt wieder die Selbstführung ins Spiel: Je schneller ich diese Dynamik erkenne (egal als welcher Typ), kann ich sie benennen und dafür sorgen, dass wir gemeinsam aus ihr aussteigen.

Ich bin überwiegend auditiv unterwegs, danach benutze ich den kinästhetischen Kanal, am wenigsten den visuellen. Henning ist vor allem visuell geprägt – das färbt zum einen auf mich ab, zum anderen fordert es mich zur Selbstbestimmung heraus: Ein Vision Board hat für mich einen geringeren Effekt oder Nutzen als für Henning. Dafür helfen mir Mantras mehr, um neue Glaubenssätze zu implementieren.

Über welchen Sinn nimmst du bevorzugt Informationen auf? Um das herauszubekommen, könntest du Alltagssituationen reflektieren: Wenn du ans Decken des Tisches zum Mittagessen denkst: Siehst du Besteck und Teller vor dir? Denkst du an das kühle Besteck oder die Schwere der Teller in der Hand? Oder hörst du das Klappern der Teller?

Mir gibt das Berücksichtigen dieser Lern- oder Wahrnehmungstypen immer wieder Ideen, auf welchem Wege ich meine Ziele effektiv und effizient erreichen oder Aufgaben mit mehr Leichtigkeit angehen kann.

Hört sich gut an, oder?



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Nadine und Henning Wolf, selbstführen W2 GmbH
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