Der kanadisch-amerikanische Ökonom John Kenneth Galbraith stellte fest:

„Alle großen Anführer hatten eines gemeinsam: Es war die Bereitschaft, sich entschieden der großen Angst des Volkes in ihrer Zeit zu stellen. Dies und nichts anderes ist der Kern von Führung.“

Nun sind die meisten von uns keine Anführer eines ganzen Volkes. Doch wir führen uns immerhin alle selbst, und ich gebe zu, dass ich aufgrund von Ängsten durchaus mal um wirkungsvolle Selbstführung ringe und dann eher in Grübelei und Starre verfalle, statt aktiv zu werden. Und viele Teilnehmende unserer Workshops und Intensivkurse führen in ihren Rollen ja auch noch andere Menschen. Wenn wir dabei Galbraith folgen, heißt das wohl: Wenn ich eine große oder vielleicht großartige Anführerin sein will, braucht es meine Bereitschaft, mich den Ängsten derer, die mir folgen, zu stellen. Mir gefällt daran, dass er die Bereitschaft in den Vordergrund rückt, nicht das SICH STELLEN an sich. Doch wie kann ich bereit sein, mich der großen Angst zu stellen, wenn ich doch Angst habe?

Mir hilft an solchen Stellen eine Überprüfung oder Anpassung meiner Haltung: Begegne ich mir selbst gerade mit Mitgefühl? Kann ich mich neuen Perspektiven gegenüber öffnen? Wie kann ich meinen Geist in einen sanften, spielerischen und zuversichtlichen Modus bringen? Sehe ich all die Stärken und Ressourcen, die mir zur Verfügung stehen? Gelingt es mir, mich – vielleicht sogar humorvoll, aber vor allem liebevoll – von außen zu betrachten?

Wenn ich diese Verschiebung in Richtung Fülle, Mut und Bewusstheit hinbekommen habe, gelingt es mir leichter, unangenehme Wahrheiten zu akzeptieren, ihre Existenz anzuerkennen und mein Problem wirklich in Besitz zu nehmen. Diese Akzeptanz ist der nächste Schritt, sich der Angst zu stellen. Im Rahmen einer Führungsrolle sieht die Realität vielleicht so aus:

  • In meiner Organisation ist wenig Raum für Gefühle. Da ich zu Impulsivität neige, spüre ich Verunsicherung und bin gehemmt.
  • Mein Team hält sich nicht an Vereinbarungen, und ich werde die von allen so geliebte (vermeintliche) Harmonie stören müssen, wenn ich Wirkung haben will. Das macht mich nervös.
  • Im Unternehmen setzt sich die Einsicht durch, dass die Digitalisierung verschlafen wurde. Nun machen sich überall Zweifel, Panik und Hoffnungslosigkeit breit.

Es ist menschlich, in solchen Situationen in Bewältigungsmechanismen wie BESCHULDIGEN, RECHTFERTIGEN oder AUFGEBEN steckenzubleiben, weil man die Lage als schlecht und falsch bewertet. Doch da sich Probleme darüber nicht lösen lassen, gilt es, sich aus der Welt des Mangels in die Welt der Fülle zu begeben: Wo entsteht durch die Bedingungen vielleicht auch neuer Handlungsspielraum? Wie kann das Gefühl, mit dem Rücken zur Wand zu stehen, neue Ideen und Kräfte entfachen, weil es nichts mehr zu verlieren gibt? Welche Menschen ziehe ich dafür ins Vertrauen, um Allianzen zu schmieden? Welche Freiheit steckt in der Krise? Zu was fordert mich diese Situation heraus?

Im Galbraith-Zitat heißt es, sich „entschieden der großen Angst“ zu stellen. Um wirkungsvoll zu führen, muss ich mich also für etwas entscheiden, ein Commitment abgeben auf eine der Antworten auf obige Fragen. Was verhilft mir zu einem echten, effektiven Commitment? Es muss auch für mich persönlich etwas drinstecken! Wenn ich meine Führungsrolle nur aus Pflichtgefühl lebe, weil ich glaube, sie machen zu müssen, wird das SICH STELLEN eine riesige Kraftanstrengung und vermutlich werde ich scheitern. Für mich persönlich muss es sich lohnen, wenn ich meine Komfortzone verlasse, Neues ausprobiere, Menschen in ungewohnter Art konfrontiere und herausfordere. Denn natürlich wird es Gegenwind oder mindestens Beharrungskräfte geben, also brauche ich eine Gewinnchance für mich, um committet, stark und handlungsfähig bleiben zu können.

Was noch hilft, um SICH erfolgreich schwierigen Situationen zu STELLEN: das Bewusstsein, dass das kein angstfreier Vorgang ist. Die Idee ist, dass ich trotz Angst handle, ich komme begleitet von Zweifel ins Tun. Mit einem klaren Commitment ist uns das leichter möglich, dann können wir den Mut dazu aufbringen. Mich unterstützt dabei die Erinnerung, wie oft ich mich schon Unangenehmem gestellt habe und wieviel Wachstum das im Nachhinein bedeutet hat. Und der Schritt muss meistens gar nicht so groß sein wie wir glauben – eine einzige ungewohnte Tat in einer Organisation kann eine ganze Lawine in Gang setzen: Weil ich fünf Sekunden länger als sonst die Stille aushalte, äußert das Team plötzlich selbst Kritik. Weil ich im Strategie-Team einmal mehr also sonst „Wofür machen wir das?“ frage, entsteht eine neue, wagemutige, kraftvolle Vision. Weil ich mich selbst einmal mehr „What’s in it for me?“ frage, habe ich Mutanfälle statt Wutanfälle – und das wird Führungskraft entfalten!

Du möchtest dich der großen Angst stellen, aber nicht allein? Melde dich gern bei uns!



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Nadine und Henning Wolf, selbstführen W2 GmbH
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